Odernheimer Geschichte

Geschichten und Geschichte



Abb.: Carl Manthey - Zorn. Zum anschauen anklicken


Aus den Lebenserinnerungen von Carl Manthey- Zorn (* 18.03.1836 Sterup /Schleswig + 12.07.1928 in Cleveland/Ohio), Milwaukee / USA 1910; Sohn des Pfarrers Hans Heinrich Friedrich Zorn, der, aus Holstein kommend, von 1856 bis 1862 Pfarrer in Odernheim war. 


Die Schreibweise entspricht dem Original

 

Das Pfarrhaus in Odernheim und Odernheim

  

Odernheim liegt im allernördlichsten Teil der bayrischen Pfalz ,hart an der hessischen und preußischen Grenze. Nur eine Viertelstunde Wegs führte damals an die damalig hessen- homburgische, wie auch an die preußische Grenze. Odernheim liegt am Flusse Glan, der bei Staudernheim in die Nahe fließt und diese vereinigt sich bei dem sechs Stunden entfernten Bingen mit dem Rhein. 

Ganz herrlich liegt Odernheim zwischen weinbepflanzten Bergen. Ich nenne nur den Homberg, der sich fast aus der Mitte des Fleckens steil erhebt. Um den Disiboden- oder Klosterberg, auf welchem die Ruinen des von dem Mönch Disibod, dem ersten christlichen Prediger der Gegend, errichteten großen Klosters sich befinden und herrlicher Wein wächst. Und welche Ausflüge kann man von Odernheim machen. Oh, es ist kein Ende der Herrlichkeiten. Der Flecken Odernheim hatte 1852 etwa 1800 Einwohner, die meines Wissens alle protestantisch waren. Doch waren auch etliche Juden da. Am nördlichsten Ende des Fleckens lag und liegt das Pfarrhaus an der Haupt- und Landstraße. Das ist ein großer fester Steinbau mit allersolidestem Dache, das mit Schiefer gedeckt ist. Es soll in früheren Jahrhunderten die Wohnung des Vogtes gewesen sein, des Oberhauptes des befestigten Fleckens. 

Trümmer der früheren Stadt- und Festungsmauer schließen jetzt noch das Pfarrgehöft nördlich ab. Und seit Jahrhunderten sind keine bedeutenden Reparaturen an dem Hause gemacht. Ich erinnere mich, daß oben im Haus 4 große und 2 kleinere Stuben sind, unten ist´s entsprechend. O und der gewaltige Boden mit seinem Schornstein, der da in eine Rauchkammer ausgebaut ist, in den man durch eine eiserne Tür eintreten kann. Und das Balkenwerk! Wollten die Leute damals für die Ewigkeit bauen? An der Südseite des Pfarrhauses führt ein Tor in den gepflasterten und in der Mitte mit einem weißen Stern verzierten Hof. Gerade am Tor ist die ausgemauerte Düngerstätte mit einem extra tiefen Loch für die Mistjauche. Werfe niemals die Nase auf! Das ist der Stolz eines Landbewohners. Und hinten im Hof, die ganze Breite desselben, auch die des Tores mit einnehmend, ist das riesige Wirtschaftsgebäude, in welchem sich Hühner-, Kuh-, Pferdeställe und Holzschuppen befinden. Links ist der Hof durch eine hohe Mauer von der Seitenstraße abgeschlossen, rechts durch die alte Stadtmauer. An dieser Seite steht ein großer Schweinestall. Und seitwärts am Pfarrhaus eine Art Waschküche. Auf der Stadtmauer konnte man herumlaufen, so breit war sie. Ist`s noch so?

Durch den Holzschuppen gelangte man in den Pfarrgarten, der dem Hofe entsprechend links und rechts von Mauern abgeschlossen ist, links von einer sehr hohen rechts von den Trümmern der Stadtmauer.  

Aber jetzt weiß ich kaum was ich sagen soll. Der große Garten war – war, sage ich, – ein Paradies. Es war alles darin, Spaliertrauben an der Wand des Wirtschaftsgebäudes, längs der linken Mauer Haselnuss standen; dann Apfel-, Birnen-, Pflaumen-, Zwetschen- Oliven- Kirchen, Walnussbäume, Himbeer-, Johannis- Stachelbeerbüsche, Erdbeer- und Spargelbeete, Gemüsebeete, Blumenbeete aller Art und Gestalt mit Buchseinfassung, Fliederbüsche, Nägelchesbäume, ein großer Rasenplatz zur Bleiche und mit Turngeräten. Lauben hier, Lauben da, gerade und krumme Kieswege.....

Links vom Garten an der Seitenstraße ist die alte Kirche, auch die Schule. Über der linken Mauer des Gartens, so daß die Mauer als Seitenwand benutzt wird, erhebt sich ein altes Haus, das zu meiner Zeit von Juden bewohnt wurde. Ein altes Rathaus erhebt sich an der Hauptstraße; diese läuft durch ein altes Stadttor weiter. Nebenstraßen laufen ab, eine Parallelstraße am Homberg hin.....

   

Quelle:

 

Großvaters Jugenderinnerungen

Carl Manthey- Zorn

Milwaukee, Northwestern 1910