Odernheimer Geschichte

Geschichten und Geschichte


"Was vor 40 Jahren in Odernheim geschah" 

im Rahmen der Erwachsenenbildung im ev. Gemeindehaus am 14. 11. 1985. Insbesondere der Bericht von Frau Pauline Mohr.

Protokolliert von Heinz Strasburger 

Zur Vorgeschichte:

Erste anrückende amerikanische Soldaten in einem Panzerspähwagen aus Durchroth kommend wurden auf der nach Odernheim führenden Landstraße von Deutschen beschossen. Dabei sind zwei Soldaten gefallen und ein Offizier ist schwer verletzt worden. Dieser Verwundete wurde als Gefangener ins Pfarrhaus zur weiteren Versorgung gebracht.

Über dem Ort sah man ständig ein Erkundungsflugzeug kreisen. Anscheinend erfolgte von da die Meldung an den Einheitskommandeur nach Durchroth. Da demnach für die Amerikaner anzunehmen war, daß Odernheim weiterhin verteidigt wird, setzte kurz danach Artilleriebeschuß ein. Der ständig kreisende Flieger war wohl auch Artilleriebeobachter der als Feuerleitstelle fungierte und das "Einschießen" lenkte. Erfahrungsgemäß mußte nun in Kürze mit weiterem massivem Einsatz schwerer Waffen gerechnet werden. Mögliche Folgen waren für die Bürger abzusehen. Der persönliche wörtliche Bericht von Frau Pauline Mohr zeigt, wie das Unheil verhindert wurde. 

Nach der Einnahme des Dorfes wurde bekannt, daß der Kommandeur der US-Einheit bereits Bomber angefordert hatte, um Odernheim nach einer Zerstörung widerstandslos ohne weitere Gefährdung der eigenen Soldaten einnehmen zu können.

Der nachstehende Bericht sind somit ein authentisches des Referat von Pauline Mohr geb. Scheib vom 14. November 1985. Dadurch erklärt sich die teilweise unvollständige und auch grammatisch nicht immer korrekte Ausdrucksform. Es wurde versucht, die Texte, die weitgehend auf Band aufgenommen wurden, wörtlich wiederzugeben. Lediglich Dialektausdrücke wurden verändert. 

  

Bericht der Frau Pauline Mohr, geb. Scheib, jetzt wohnhaft in Roth, zu den Vorgängen im März 1945 um die Einnahme Odernheims durch die Amerikaner.

 

Viele von Euch werden sich erinnern, wie unsere armen Soldaten in den Tagen vorher durch Odernheim rannten, viele werden sich erinnern, wie unsere Brücke gesprengt wurde und wie wir uns damals alle vorbereiteten, um die Nacht in den Keller zu gehen. So standen auch meine Mutter, meine Schwester und ich zusammen und packten das, was uns lieb war, um uns zu verstecken. Da rief mein Vater plötzlich von der Tür her: „Pauline bring einmal schnell den Schlüssel von der Elsa ihrer Wohnung.“  Zur Erklärung muß ich sagen, meine Schwester Elsa Strasburger wohnte damals als Kriegerwitwe im Pfarrhaus und hatte da drei Zimmer. Ich nahm den Schlüssel, und als ich ins Pfarrhaus kam, stand da eine Bahre mit einem verwundeten Amerikaner; zwei ältere Odernheimer Männer als Sanitäter standen dabei. Mein Vater erklärte gerade Pfarrer Jung, warum er den Mann hierher bringen ließ. Er sagte, die wollten ihn ins Russenlager legen, aber wenn der Ami kommt und sieht einen seiner verwundeten Soldaten in so einer Dreckbude liegen und dann ist ein Pfarrhaus so wie eine Kirche international, also wird ihm hier nichts passieren. Die Männer halfen mir das Bett richten und wir legten ihn hinein. In- zwischen war die ganze Wohnung voller Neugieriger. Jeder wollte den Ami sehen, jeder wollte hören was passiert war. Da tauchte Schwester Maria auf, die damals als Krankenschwester ja allen bekannt war. Sie sagte: "Was ist denn hier los, von dieser Sorte bekommt Ihr bestimmt noch mehr zu sehen als Euch lieb ist. Jetzt aber raus, machte die Wohnung frei." Dann sagte sie zu meinem Vater: "Herr Scheib, ich nehme an, sie lassen die Wohnung von der Elsa hier nicht allein und daß eines ihrer Mädchen hier- bleibt, ich muß jetzt leider wieder fort, ich habe ja noch so viele Kranke, aber ich komme wieder vorbei und schicke auch für die Nacht zwei Schwestern." Wir saßen dann abwechselnd bei ihm am Bett (damals schlief er noch), plötzlich hörte man Artilleriefeuer und es war ziemlich nah. Es dauerte nicht lange, da kam mein Vater gerannt: "Pauline komm schnell“, oben in der Rehborner Straße: „im Scheib Hermann seinem Haus;..." (Eigentlich hat er gesagt: " Bäcker Weigands Pauli sitzt im Keller und traut sich nicht mehr nach Hause, um seine Kühe zu melken". Wir liefen dann hin und sahen auch die Verheerungen, die die paar Einschläge angerichtet hatten.

Ich molk die Kühe, er fütterte, wir gingen wieder zurück zu Bäcker (Hermann) Weigands. Da sagte der Hermann: "Karl, das gibt eine unruhige Nacht, die haben sich jetzt eingeschossen und Du wirst sehen, heute Nacht kriegen wir Zunder." Wir gingen nach Hause, später ging ich, dann wieder ins Pfarrhaus und schickte meine jüngste Schwester nach Hause und wir erzählten uns. Die Schwestern waren inzwischen eingetroffen, es war die Elisabeth Grimm und eine Käthe Trapp, die vielleicht den Älteren noch bekannt ist. Sie wohnte in der Pfarrgasse und die beiden waren als Schwestern abkommandiert. Nun, wir saßen noch eine Weile zusammen und redeten über das Elend, das jetzt wohl über alle hereinbricht und dann legte ich mich im Wohnzimmer auf die Couch und schlief.

Plötzlich wurde ich wach und Granaten platzen und Schüsse hörte man. Ich lief schnell nach vorne und da stand die Elisabeth Grimm und die Käthe Trapp mit ihren Mänteln an und waren gerade im Begriff, die Wohnung zu verlassen. Ich sagte: "Wo geht Ihr hin? Ihr könnt mich doch nicht alleine lassen. Elisabeth Grimm führte als Entschuldigung an, was man im Nachhinein ja auch verstehen kann, ich habe fünf Brüder an der Front, zwei sind gefallen, von den anderen drei wissen wir nichts und Käthe Trapp sagte, ich habe noch neun kleine Geschwister, ich kann doch meine Mutter nicht alleine lassen." Ja sagte ich, Ihr könnt mich doch nicht auch noch alleine lassen". Nun, sie gingen dann doch weg.

Der Amerikaner schrie und stöhnte, ich lief zu ihm, dann sagte er bloß: Water, Water. Die Schwestern hatten ihm nur Tee gegeben, aber den wollte er nicht. Da dachte ich, weiß Gott, ob du morgen noch lebst. Ich gebe dir Wasser. Da setzte ich mich zu ihm ans Bett und bei jedem Einschlag zuckten wir zusammen und ich betete. Da rief es von der Tür her, ist denn da niemand mehr? Doch, Herr Pfarrer schrie ich, kommen sie schnell, helfen sie mir, der will zum Bett raus und ich kann ihn nicht halten. Da kam er und sagte, ja wo sind denn die Schwestern? "Die sind schon lange fort", antwortete ich. Und wer den Pfarrer Jung gekannt hatte, weiß, daß der ganz schön darüber getobt hat. Wir hielten ihn im Bett, setzten uns zu ihm, da sagte der Pfarrer auf einmal: "Pauline, das geht nicht, wir müssen einen Weg finden, um den Mann in den-Keller zu bringen." Er ging weg, kam wieder. Ja wenn die zwei noch hier wären, würden wir ihn ja wegbringen können, aber mit dir allein ist doch da nichts zu machen. Er setzte sich mal zu mir, lief dann wieder weg, dann sagte er: "Pauline, komm mal mit, ich habe im Keller vorgerichtet." Ich ging mit ihm, aber dann schrie der Amerikaner so laut, daß ich sagte: "Herr Pfarrer, ich muß schnell wieder zurück." Er lief überall herum. Auf einmal sagte er: (Das ging aber bei weitem nicht so & schnell, wie ich das jetzt hier erzähle, das Ganze dauerte Stunden) Er sagte: "Pauline, ich habe eine Idee. Draußen im Hof ist eine kleine Leiter, die suchen wir jetzt und legen ihn drauf und tragen ihn so in den Keller. Nun, wir gingen raus und als wir wieder rein kamen, da hatte sich der arme Mensch aufgerichtet und wollte aus dem Bett. Er hing aus dem Bett und die Wunde war wieder aufgebrochen und das Blut schoß. Er hatte nämlich einen Einschuß am rechten Hinterteil auf deutsch gesagt. Die linke Seite war voll- kommen weg. Was tun wir nun, sagte ich jetzt. Der Herr Pfarrer hatte kaltes Wasser und ich Leinentücher geholt und dieses kalte Wasser haben wir darauf gemacht und zum Schluß standen das Blut und das Wasser im Bett. Ich sah aus, als wäre ich ein Metzger. Ich wischte mir mit dem Blut an den Händen meine Tränen ab. Da sagte der Pfarrer Pauline, geh mal raus und wasche dich, du sieht ja verheerend aus. Die Stunden vergingen. Langsam hörte das Bluten wieder auf und plötzlich ein Schlag. Das Haus bebte, der Herr Pfarrer ging fort, kam wieder zurück und sagte, Pauline, schau dir das mal an, was jetzt passiert ist. Ein Volltreffer war auf die Küche gegangen, der Küchenschrank mit dem ganzen Geschirr war durch die Küche geflogen, die Hintertür war weggerissen, die Kellertür war abgerissen. So, sagte er, jetzt hat sich das Problem von selbst gelöst, jetzt brauchen wir nicht mehr in den Keller. Dann stellte er sich ruhig hin und sagte: Lasset uns beten, und dann hörte ich unseren Herrn Pfarrer beten, wo ich wirklich gefühlt hab, er glaubt daran, daß das, was er jetzt von unserem Herrgott verlangt, auch in Erfüllung geht. Dann sagte er, Pauline, was hast du denn am Palmsonntag für ein Lied gesungen? Befiehl du deine Wege und was dein Herze kränkt. Und dann mußte ich alle Verse sagen, die ich noch konnte und dann beteten wir "Aus tiefer Not schrei ich zu dir", wir waren so vertieft in unser Gebet, daß wir auf einmal lauschten, weil es draußen still wurde. Wir schauten uns dann an, ich fiel dem Herrn Pfarrer um den Hals und drückte ihn und sagte, es ist vorbei, vorbei. Ja, sagte er, Kind, warte mal ein bißchen ab. Da klingelte es an der Tür und aus dem frommen Pfarrer Jung. Wurde wieder der Polternde. Da hat er die beiden Schwestern, die vor der Tür standen, erst einmal richtig abgekanzelt, dann kam er herein und sagte, ich habe sie fortgeschickt, nach dem Dr. Nagel rufen.

Nach einer Weile kam Karl Nagel, betrachtete sich den Mann, "ja", sagte er, "da muß was geschehen, der muß sofort in ein Lazarett oder irgendwie, der muß andere Hilfe bekommen, ich kann nichts machen". Beide Herren sprachen wohl englisch, aber nicht mehr zusammenhängend. Da schickte er mich in die Mühle, da war eine Frau Mallwitz. Im ersten Moment vergaß ich, daß die Brücke nicht da ist und es war ja noch dunkel und dann fand ich den Steg, ich lief in die Mühle und schrie, "Frau Mallwitz, Frau Mallwitz", denn alle Leute waren noch in den Kellern. Und dann kamen die Männer raus und ich sagte,. Frau Mallwitz soll sofort zu Dr. Nagel kommen. Wir gingen zusammen zurück und Dr. Nagel erklärte ihr wie die Sache lief und sie solle das dem Amerikaner sagen. Ach, sagte er, daß machen wir ganz einfach so, Du gehst jetzt nach Duchroth und sagst denen, wie die Sache bei uns ist. "Nein", sagte sie, "Onkel Karl, das machen wir nicht so. Mein Mann ist gefallen, ich bin ausgebombt und habe ein Kind und wer gibt mir die Garantie, daß ich wieder lebend zurückkomme?" Er hat dann eine Weile überlegt und dann sagte er: Schreib Du mal einen Brief und schildere denen die Situation, Du schreibst es wären keine Soldaten mehr hier, es wäre keine Gegenwehr mehr da, sie sollten schnell kommen und den Mann hier holen. Und Du, Schmitt-Scheibchen, trägst den Brief nach Duchroth. Ich sagte zu ihm, ja, Herr Dr. das mache ich, aber erst gehe ich heim und sagte meinen Eltern bescheid. Ich lief rüber, aber da war noch niemand da. Auf dem Küchentisch lag ein altes Briefkuvert und da schrieb ich drauf, gehe zu den Amerikanern, wenn alles gut geht, auf Wiedersehen, Eure Pauline.

Als ich zurückkam war bereits eine Rot-Kreuz-Schwesterntracht da, die mußte ich dann anziehen und Herr Pfarrer Jung sagte, Paulinchen, Du mußt da noch unterschreiben. Wir haben alle unterschrieben, daß wir uns verbürgen, daß keine Gegenwehr geleistet wird. Da sagte ich zu Frau Mallwitz, wäre es nicht besser, wenn der Amerikaner auch ein paar Zeilen schreibt. Die können ja denken, es ist eine Falle. So hoben sie denn den Mann vorsichtig hoch, er schrieb ein paar Zeilen, drückte mir die Hand und sagte mir etwas, ich konnte es ja nicht verstehen. Ich nahm den Brief, Herr Pfarrer Jung hatte mir noch eine große weiße Fahne gemacht und ging mit mir an die Tür und sagte Paulinchen wir beten für dich. Dr. Nagel schlug mir auf die Schulter und sagte: "Mach's gut, Schmitt (Schmied) -Scheibchen, eile dich aber." Und so lief ich weg. An den Häusern entlang und stand plötzlich, als ich nach Hinterhausen kam, vor unserem Bürgermeister Hermann Wagner. Ich war entsetzt. Er deutete stumm auf die Ruinen der Häuser, schaute mich an und sagte: "Willst du alleine dahinüber gehen?" Ich nickte. "Dann eile Dich mein Mädchen, sonst ist es zu spät". Ich lief weiter und dachte, es hat mich ja niemand gesehen. Als ich am Kniebrech um die Ecke ging, kamen drei Tiefflieger. Ich sprang schnell in den Graben, drückte mich ganz fest an den Boden und dachte, hoffentlich haben die mich nicht gesehen. Ein Stück weiter hinten lagen die beiden erschossenen Amerikaner wie ein Stück Vieh an die Wand geschmissen, ich ging vorbei und plötzlich war über mir ein Tiefflieger. Ich sprang wieder in den Graben, dann ging ich wieder weiter und er war wieder da. Erneut sprang ich in den Graben und als er zum dritten Mal kam, stellte ich mich mitten auf die Straße und winkte mit der weißen Fahne und er winkte zurück. Dann flog er ganz tief über mir hin, denn ich hatte ja doch ein bißchen Angst, ich dachte immer, irgendwo kann ein deutscher Soldat stehen, der in seinem Fanatismus mich erschießt und solang der da über mir fliegt, wird es ja keiner wagen. Wer die Decker Borbel kennt, weiß, daß man dort mit gemischten Gefühlen vorbeigeht. Als ich an das Schillerdenkmal kam, ist doch rechts und links von der Straße der Wald und hinter jedem Busch sah ich doch einen sitzen. von da, wo man sieht, wo der rote Bruch kommt, hörte ich das Brummen und spürte, wie die Erde bebte und dann kamen sie um die Ecke.

Ich blieb stehen, ein Panzer nach dem anderen rollte heran. Der erste hielt vor mir. Heute weiß ich, daß Sie sagten, komm her Schwester. Ich ging hin und gab den Brief ab. Der eine sprang ab, trug den Brief zum zweiten Panzer und winkte mir, ihm zu folgen, denn dort war der Kommandant. Er nahm den Brief und machte ein ganz spöttisches Gesicht, als er ihn las. Nur als er die Zeilen von dem Soldaten sah, nickte er. Dann sprach er irgendwas und der Dolmetscher kam und ich mußte zu ihm an den Panzer kommen. Nun fing er an zu fragen, was für Soldaten sind dort. Ich sagte, es sind keine Soldaten mehr da, welche Einheiten haben da gelegen? Ich antwortete, daß weiß ich nicht, da sagte er, Odernheim ist die größte Naziburg auf dem linken Rheinufer gewesen und sie wollen wir sagen, es wird nicht verteidigt. Ich sagte, es wird nicht verteidigt. Bitte kommen sie, sagte er. Er fragte und was war gestern mit der SS? Da erfuhr ich erst, daß die den Panzer abgeschossen hatten und SS-Männer waren. Das Verhör dauerte noch eine Zeitlang und dann sollte ich mich auf den Panzer stellen. Ich habe es nicht getan. Ich hatte eine grauenhafte Angst, irgendwo ist noch ein deutscher Soldat und schießt und dann schlagen sie mich tot. Ich setzte mich an die Straße und weinte und die Panzer fuhren weiter. Manche winkten, manche jolten und dann hielt ein Auto vor mir. Mit einem Ruck wurde ich hineingezogen und dann sah ich erst, es war ein Rot-Kreuz-Auto. Es ging an der ganzen Truppe vorbei bis an den Kniebrech. Dort waren die Panzer alle aufgefahren und hatten die Rohre nach Odernheim gerichtet. Wieder mußte ich zum Kommandanten hinkommen und die Fragerei ging von vorne los und ich gab ihm immer wieder die Antwort, ich weiß von nichts, ich weiß nicht, ob noch Soldaten da sind, aber Gegenwehr wird nicht geleistet. Kommt doch bitte! Dann sagte der Dolmetscher: "Wissen Sie, daß wenn ein Schuß fällt, sie die zweite Kugel erhalten?" Ich nickte. Man hob mich wieder in das andere Fahrzeug und dann ging es zu Odernheim hinein. Dort hatten die Leute inzwischen weiße Betttücher an die Fahnenstangen gehängt. An der Reithesselstraße standen sie mit weißen Tüchern und winkten und ich wunderte mich, daß keiner überrascht war, mich zu sehen. Wir stiegen aus, und dann ging ich vor den Soldaten her zum Dorf hinein. Die Panzer fuhren an mir vorbei und da gab es einen kleinen Aufenthalt an der Gärtnerei Ackva. Meine Tante sprang heraus, riß mich zwischen den Soldaten an sich und sagte, wo bleibst du denn so lange? Stundenlang warten wir schon auf dich. Später hörte ich, daß der alte Schreiner Herzog zur gleichen Zeit vor der Tür war als ich vorbeiging und in den Keller stürmte und sagte: Stinchen, Stinchen wir sind gerettet. Dem Karl sein Paulinchen geht als Friedensengel da oben mit der weißen Fahne. Der Dolmetscher fragte. "Ist das ihre Mutter?" Ich antwortete: "Nein, die Schwester meines Vaters. Als wir ins Pfarrhaus kamen, waren bereits die Sanitäter dabei, den Verwundeten zu behandeln. Ich ging zu ihm ans Bett und er drückte mir die Hand. Nun wollten sie ihn aus dem blutverkrusteten Bett herausnehmen. Ich hob sie zur Seite, schlug die Betttücher zusammen und dann hoben sie ihn auf die Bahre. Ich legte ihm ein Kopfkissen unter den Kopf, da faßte er meine Hand und ließ mich nicht mehr los, bis wir draußen an dem Sanka waren. Die Amerikaner trugen damals alle rote Tücher. Er löste das Seine und gab es mir als Souvenir. Später erfuhr ich, es waren Stücke von Hakenkreuzfahnen, die sie erbeutet hatten. Ich nahm das Tuch und winkte ihm nach, solange wie ich ihn sehen konnte. Dann kamen die amerikanischen Soldaten und drückten mir alles in die Schürze, was sie nur hatten. Schokolade, Apfelsinen, Keks, Zigaretten und dann sah ich eine große Menge deutscher Soldaten unten an Blaesys Ecke. Ich sagte zu dem Dolmetscher: "Eine Bitte habe ich: "Was ist das?" "Ich möchte den Soldaten das verteilen. "Da muß ich zuerst mit dem Kommandanten sprechen", antwortete er. All& Amerikaner hatten ja ein Funkgerät und so fragte er über Funk den Kommandanten, ob ich das geben dürfe. Ich ging mit meiner gefüllten Schürze vor an die Ecke, verteilte meine Sachen und habe noch nie deutsche Soldaten so weinen sehen. Dann ging ich nach Hause. In unserem Haus war nichts angerührt. Meine Eltern saßen am Tisch mit amerikanischen Offizieren und ich war erstaunt, daß die das schon wußten. Meine Eltern drückten mich und sagten: Na du bist gut, schreibst einfach auf ein Blatt Papier, ich gehe zu den Amerikanern. Da sagte ich, was wollte ich denn machen Papa? Der Dr. Nagel sagte doch: Schmitt-Scheibchen geh, und da konnte ich ja nicht sagen, nein ich gehe nicht. Der Krieg war für Odernheim zu Ende. Für mich kamen aber noch bittere Stunden. Eins, zwei Tage später ging ein junger Odernheimer, der auch bei den Soldaten war, am Haus vorbei und ich begrüßte ihn freudestrahlend und sagte: "Gott sei Dank, daß der Krieg zu Ende ist". "Zu Ende? Der Krieg ist nicht zu Ende, die kommen bis an den Rhein, dort werden sie aufgehalten, unsere kommen zurück und du wirst als Vaterlandsverräterin da unten an die Linde gehängt. Entsetzt ging ich in unser Haus. Da sagte mein Vater: "Du bist dumm, zu dem hättest du nur sagen brauchen, fahnenflüchtige Soldaten werden dann neben Dich gehängt". Denn zu jener Zeit hatte noch keiner Entlassungspapiere.

Wochen später kamen schwarze Soldaten an die Bahn zur Bewachung. Die gingen nachts durch die Straßen und klopften an den Häusern, wo Frauen waren. Da hat sogar ein Odernheimer Mädchen es fertiggebracht, zu sagen, die soll man alle in Schmitt- Scheibe schicken, das konnte ja nicht warten bis die Amerikaner kommen, das hat sie ja sogar noch geholt. Das war damals der Dank, für das was ich getan hatte. Aber nicht alle waren so, viele Odernheimer Soldaten, die nach Hause kamen, drückten mir die Hand und sagten, Pauline, was du getan hast, das hätte mancher Soldat nicht getan. Wir wissen, wie es ist, Mutterseelenallein vor dem Feind zustehen und dir verdanken wir es, daß wir nach Hause kommen und noch alles so vorfinden, wie wir es erhofft hatten. Das waren nun meine Erlebnisse zu jener Zeit.  


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Pauline Mohr geb. Scheib 1941

Quelle:

Archiv: Heinz Strasburger



Der Text ist im Original aus der Ortschronik mit Ergänzungen wiedergegeben


Kriegsende in Odernheim, Einmarsch der Amerikaner

 

Am Montag dem 19. März 1945 wurde um 11:30 Uhr die Glanbrücke in Odernheim gesprengt, es hieß die Amerikaner seien im Anmarsch. Als am Montag Nachmittag von Duchroth kommend ein amerikanischer Panzerspähwagen mit weißer Fahne erschien, wurde er von deutschen Soldaten beschossen. Der Führer des Volkssturms und der Ortskommandant von Odernheim hatten diesen Beschuss befohlen. Zwei Insassen des amerikanischen Militärfahrzeuges wurden getötet und einer, der schwer verwundet war, wurde gefangen genommen. Er kam in das Pfarrhaus und wurde dort gepflegt und von Dr. Eduard Nagel behandelt. Eine Krankenschwester des roten Kreuzes aus Odernheim, Pauline Scheib, war mit der Pflege des Amerikaners betraut. 

Da die amerikanischen Panzer wegen zu erwartender Gegenwehr, Odernheim nicht besetzen konnten, wurde der Ort gegen Abend zum ersten Mal mit Artillerie beschossen. Dieser erste kurze Beschuss dauerte von 17:45 – 18:00 Uhr. Die Geschosse schlugen hauptsächlich in der Rehborner Straße und Hinterhausen ein und richteten an einigen Gebäuden zum Teil beträchtlichen Schaden an. 

In der Nacht kam es zu einem zweiten Beschuss durch amerikanische Artillerie. Der Beschuss begann um Mitternacht und wurde die ganze Nacht hindurch bis 20. März 1945 6:00 Uhr morgens fortgesetzt. Die Geschütze waren in der Gegend von Feilbingert stationiert. Die Lage von Odernheim, dicht hinter dem steilen Humberg, war wohl Ursache, dass nur wenige Geschosse innerhalb des Ortes einschlugen. Die meisten Granaten explodierten auf freiem Feld. Aber auch durch den nächtlichen Beschuss wurden einige Häuser beschädigt. Die Scheune im Anwesen Dick Hinterhausen wurde in Brand geschossen. Das Haus von Eugen Konrad in Hinterhausen wurde vollkommen zerstört. 

Der Ortskommandant und der Führer des Volkssturms, die durch ihre faschistische fanatische Gesinnung, und durch ihre Gegenwehr die Beschießung provozierten, waren zwischenzeitlich aus dem Ort geflüchtet.  Auch andere Regimetreue  Verantwortliche waren aus dem Ort geflohen oder waren untergetaucht. 

In diesen frühen Morgenstunden des 20. März 1945 bestand allerhöchste Gefahr, dass Odernheim, vor Einmarsch der Amerikaner durch diese zerstört werden würde. 

In dieser schwierigen Situation ist es dem Engagement einiger Odernheimer Bürger zu verdanken, die durch ihre besonnene und mutige Initiative, Odernheim von der Zerstörung verschont blieb. 

Im Pfarrhaus lag der verwundete amerikanische Soldat, mit dem der damalige Pfarrer von Odernheim, Hermann Jung, während der Nacht den Ernst der Lage besprechen konnte. Gemeinsam schrieben der Pfarrer und der amerikanische Soldat einen Brief, der zum Inhalt hatte, Odernheim würde nicht mehr verteidigt werden, und frei von deutschen Truppen. Der amerikanische Soldat unterschrieb den Brief. Pauline Scheib, die Krankenschwester, machte sich in ihrer Rot- Kreuz Kleidung, einer weißen Fahne und dem Brief auf den Weg zu den amerikanischen Truppen nach Duchroth. Paulina Scheib wurde von den Amerikanern in Empfang genommen, und sie konnte den Brief übergeben. Der Kommandant der amerikanischen Einheit war noch immer aus verständlichen Gründen misstrauisch. Er ließ der mutigen Parlamentärin mitteilen, sie werde erschossen, sollte in Odernheim noch Widerstand geleistet werden. 

Am 20. März 1945 um 9:45 Uhr fuhren die amerikanischen Panzer ohne Widerstand in Odernheim ein. 

Die Amerikaner konnten den Glan nicht überqueren, da die Brücke, wie anfangs erwähnt am Tag zuvor gesprengt wurde. Die Eisenbahnbrücke die oberhalb der Straßenbrücke den Glan überspannte, war der einzige Übergang über den Glan. Diese Brücke war von den abziehenden deutschen Truppen vermint worden. Zwei Soldaten aus Odernheim, die auf Urlaub vom Einmarsch der Amerikaner überrascht wurden, machten sich an die schwierige, lebensgefährliche Arbeit die Minen zu entschärfen, was auch gelang. Diese Männer waren Fritz Hell und Jakob Hermann. 

Am 8. Mai kapitulierte die deutsche Wehrmacht, der Krieg war zu Ende. Odernheim blieb bis zum 1. Juli 1945 von den Amerikanern besetzt. Nach dem Abzug der Amerikaner zogen französische Besatzungssoldaten in Odernheim ein. Die ehemalige preußische Rheinprovinz war Teil der französischen Besatzungszone. Die französischen Truppen verließen im Oktober 1945 Odernheim. 

    

Quelle: 

Ortschronik : Karl Schworm: Odernheim am Glan und  Disibodenberg, Koblenz 1984 


Schamgefühle in rosa Unterhosen

Friedel Hartmann aus Odernheim erinnert sich an seine Erlebnisse während des Zweiten Weltkrieges -   Angst im Bunker.

Zurück in die Kriegsjahre führt eine Anekdote, die für Friedel Hartmann aus Odernheim zu seiner persönlichen „Geschichte des Jahrhunderts“ wurde.

ODERNHEIM. Friedel Hartmann, Jahrgang 1934, suchte gemeinsam mit seiner Mutter und seinem jüngeren Bruder vor den Fliegerangriffen im Bunker Schutz. Dieser war ein in den Berg getriebener Stollen, der von Männern, die vom Wehrdienst befreit waren, geschaffen wurde. 

Am 19. März 1945 ging die Kunde durch den Stollen, die Amerikaner stünden schon in Duchroth. „Morgen kommen sie bestimmt nach Odernheim“, hieß es. Als seine Mutter dies hörte, sagte sie ganz erschrocken:“ Friedel, wir müssen unbedingt noch mal nach Hause. Wenn die Amerikaner kommen und sehen die Hitlerbüste in unserer Wohnung – nicht auszudenken, was die mit uns machen. 

Die Familie wohnte damals in der Hausmeisterwohnung der Turnhalle und hatte die Hitlerbüste in Verwahrung. Diese wurde bei allen Parteiveranstaltungen in der Turnhalle wie eine Götzenfigur auf einem Sockel aufgestellt.

Friedel lief schnell nach Hause, schnappte sich die Büste, kroch unter die Turnhalle, was durch einen Lüftungsschacht möglich war, und versteckte sie unter Steinen und Geröll. Beim Zurückkriechen hörte er eine Detonation, konnte diese aber nicht deuten. Als er im Bunker war, hörte er, daß ein Panzerspähwagen der Amerikaner abgeschossen worden sei. Die Aufregung legte sich bald wieder, denn alles blieb ruhig. 

Die Familie Ransweiler aus Hinterhausen, bei der Friedels Mutter einmal Kindermädchen gewesen war, bot ihnen an, die Nacht bei ihnen zu schlafen. Dankend nahmen sie das Angebot an. Schließlich hatten sie einige Nächte nicht mehr richtig geschlafen. Da es bereits dunkel war, wollten sie nicht mehr in ihre Wohnung zurück. Bei der Familie Ransweiler, die nicht weit vom Bunker entfernt wohnte, schliefen sie zu dritt in einem Bett. 

Mitten in der Nacht rief Friedels Mutter:“ Komm schnell in den Keller.“ Krach und Explosionen hörte er zwar, doch noch schlaftrunken hatte er die Orientierung verloren. Wo war die Tür? Er stand im stockdunklen, fremden Zimmer, tastete sich an der Wand entlang und suchte den Ausgang. Angst kam auf. Da kam seine Mutter und brachte ihn in den Keller. Familie Ransweiler war auch schon da. Die Frau des Hauses breitete auf dem Boden alte Kleider aus, worauf sich alle setzen konnten. Die Erwachsenen erklärten, die Explosionen seien Artilleriebeschuss. „Das ist bestimmt die Antwort auf den Abschuss des Panzerspähwagens“, dachten sich natürlich die Familienmitglieder.

Sie begannen zu frösteln, dann geriet auch die Blase unter Druck. Zu aller Erleichterung sagte die Hausfrau: „ Drauß im Vorraum steht e alt Stääne Dibbe, do kenne ner eninn bachele“. Gesagt getan. Der Beschuss ging weiter. Die Angst blieb. Nach ungefähr sechs Stunden war`s vorbei. Da hörten sie auf der Straße lautes rufen: „In Dicke brennt`s.“ Herr Ransweiler half beim Löschen. Die anderen liefen so schnell wie möglich in den Bunker.

Mangels der eigenen Kleider, die waren ja noch im Schlafzimmer, bekam Friedel eine rosa Unterhose, die an den Beinen mit Durchziehgummi gefasst war, eine Strickjacke und ein paar Schuhe von der Tochter des Hauses. Mehr stolpernd als laufend kämpften sie sich durch die Granatlöcher, über Steine, Dachziegeln und Stromdrähte bis in eine Scheune.

Kurz vor dem Eingang des Bunkers kam Friedel mit den Mädchenschuhen ins straucheln und fiel purzelbaumschlagend in eine Egge. „Ich höre noch heute den Angstschrei meiner Mutter, die dachte, die Egge wäre von oben auf mich gefallen“, erzählt Friedel. Zum Glück hatte er sich nicht verletzt. 

Hochroter Kopf

Doch er schämte sich wahnsinnig, als er mit der rosafarbenen Unterhose an den anderen Buben vorbei musste. Mit hochrotem Kopf verkroch er sich in einer Ecke.

Die Amerikaner waren da, die Familie konnte nach Hause gehen. „Ach, was hatten wir für eine Angst, als wir an den kaugummikauenden schwarzen Soldaten vorbei mussten“, erinnert sich Hartmann. Schließlich kannte er nur einen einzigen Mohr, und das war der aus dem „Struwwelpeter“. Zum Glück waren die Soldaten harmlos. 

Noch eine Bemerkung am Rande: Etwas später begegnete seine Mutter Frau Ransweiler. Diese sagte:“ Deine Buben hatten ja ins verkehrte Dibbe gebachelt. Die waren  an dem mit dem Kaustisch Soda, das mein Mann von der Drahtzieherei mitgebracht hatte. Der ganze Kellervorraum war voller Schaum.“


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Der vorne links stehende Friedel Hartmann mit seinen Eltern und seinem kleinen Bruder. Das Gebäude im Hintergrund ist die Turnhalle




Quelle:

Öffentlicher Anzeiger Dienstag 22. Juni 1999

Friedel Hartmann 


Bunkeranlage Hinterhausen in Odernheim


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Die Zeichnung: Friedel Hartmann



Anordnung

Personen, die an einer ansteckenden Krankheit, wie Diphterie, Masern usw. leiden, dürfen unter keinen Umständen den Bunker benützen.


Bunker Hinterhausen:

Ein Teil der Odernheimer Bevölkerung hat in knapp vier Wochen Hinterhausen einen Bunker geschaffen, der Hunderten von Menschen Schutz gewährt im Falle der Luftgefahr. Allen denen, die sich so vorbildlich beteiligt haben, spreche ich hiermit ein Öffentliches Lob aus. Der Bunker ist nun soweit fertig und kann besichtigt werden.


Einteilungen der Bunker:

Nachdem nun Hinterhausen der Bunker erstellt ist, muß eine Einteilung der vorhandenen Bunker erfolgen. Die Einwohner des Stempelberges, der Dr. Göbbels Straße (Maxdorf) Hermann-Göhring- Straße (Rehborner Straße) werden dem Felsenkeller auf dem Stempels- berg zugeteilt. Weiter sollen Frauen mit Kleinstkindern wegen der Sitzgelegenheit auch dorthin. Der übrige Teil der Bevölkerung wird Hinterhausen zugeteilt.

Ordnung in Bunkern ist eine Selbstverständlichkeit und daß die Mütter für das Verhalten ihrer Kinder in den Bunkern verantwortlich sind. Bei groben Verstößen kann eine Familie aus dem Bunker verwiesen werden, ohne daß sie das Recht hat, einen anderen Bunker aufzusuchen. Warmes Essen darf in den Bunkern nicht eingenommen werden. 


Quelle: 

Archiv Heinz Strasburger





Erinnerungen an das Kriegsende in Odernheim 

Von Bertl Schmidt 

 

In den letzten Kriegstagen herrschte große Angst in Odernheim vor der Ankunft der Amerikaner, die sich schon in der Region befanden. Ohne Gegenwehr wollte man sich aber nicht ergeben. Bekannt war jedenfalls, dass Panzer aus Richtung Staudernheim anrücken werden. In aller Eile wurden zwischen dem letzten Haus Richtung Staudernheim (Jakob Schmidt / Kloos) und dem sogenannten „Loch“ (Übergang zwischen Staudernheim und Odernheim) oberhalb der Straße Schützengräben ausgehoben. Aus diesem sollten noch verbliebene Männer Handgranaten auf die Panzer werfen (was natürlich völlig unwirksam geblieben wäre). Außerdem wurde das „Loch“, welches früher nur halb so breit war wie heute, mit Bahnschwellen verbarrikadiert.  Als die Panzer nun mit ihren Panzern diese Stelle erreichten, genügte ein kurzes Heranfahren, um die ganze Sperre zu Fall zu bringen. Der erste Panzer brachte sich auf der Odernheimer Seite in Stellung und gab einen ersten Warnschuss ab. Dieser traf (unser) das genannte Haus. Interessant ist dabei, dass dieses Gebäude äußerlich nicht beschädigt wurde. Das Geschoss flog durch ein offenes Küchenfenster und traf den Schornstein in der Küche. Große bauliche Schäden, außer am Schornstein und im Küchenbereich gab es nicht, aber das ganze Haus war über und über mit einer dicken Staubschicht belegt.  

Die Familie und viele andere Odernheimer befanden sich zu diesem Zeitpunkt im sog. Bunker unter dem Haus. Diesen hatte Jakob Schmidt während des Krieges  von Mitarbeitern der Ölmühle in den Nauenberg graben lassen. Fünfzig Stufen führte die Treppe aus der Garage in einen Raum hinunter, der ca. 60 Personen Platz bot. Ein zweiter Eingang (oder auch Ausgang) befand sich im Keller des Hauses. Auf beiden Seiten der Straße kamen nun amerikanische Soldaten, das Gewehr griffbereit, zu Fuß entlang und schauten auch in dem Haus nach. Die Bunkereingänge entdeckten sie nicht. Zwischenzeitlich hatte auch Frau Schmidt, wie viele andere in Odernheim ebenso, ein weißes Betttuch aus dem Fenster gehängt, um anzudeuten, dass man sich ergibt. 

Der sog. „Wehrsturm“ (Volkssturm) in den Schützengräben griff gottlob nicht ein. Er wäre hoffnungslos unterlegen gewesen. 

Als Kinder spielten wir noch jahrelang in diesen Schützengräben und bauten Höhlen.  

  

Quelle: 

 

Erinnerungen Bertl, Schmidt Kirchheim/Bad Hersfeld, geboren in Odernheim  Jahrgang 1941, Archiv: Hans Lahm, Andreas Ott